Die sich aus dem Eingriff ergebenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind funktional auszugleichen, oder es sind gleichwertige andere Aufwertungen vorzunehmen. Der früher im Gesetz verankerte Vorrang der (funktionalen) Ausgleichsmaßnahmen gegenüber den (an anderer Stelle oder zugunsten anderer Naturgüter erfolgenden) Ersatzmaßnahmen ist mit dem Gesetz von 2009 entfallen.
Eine gestufte Regelung, wie sie das BNatSchG vorsieht, ist auch im US-amerikanischen Umweltrecht verankert. Für Vorhaben, die Eingriffe in bestimmte schützenswerte Gebiete darstellen oder zur Folge haben, gilt ein nahezu deckungsgleiches Verfahren. Dass dort jedoch nur Feuchtgebiete (nach der Sektion 404 des Clean Water Act) und Habitate bestimmter geschützter Arten (nach dem Endangered Species Act) solchermaßen geschützt sind, liegt am eher punktuellen Ansatz des US-amerikanischen Naturschutzrechts.
Vermeidungs- und Minimierungsgebot, Untersagung
Man unterscheidet zwischen
- „vermeidbaren“ negativen Auswirkungen (Beeinträchtigungen) und
- „unvermeidbaren“ Auswirkungen
Vermeidbare Beeinträchtigungen müssen vermieden werden. Unvermeidbare Beeinträchtigungen müssen so weit als möglich minimiert werden. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen sieht die entsprechende Fachplanung häufig Schutz- oder Minderungsmaßnahmen vor. Beispiele: Bei der Baumaßnahme müssen einzelne Bäume erhalten werden. Diese müssen während der Bauphase besonders geschützt werden. Bleiben Beeinträchtigungen übrig, müssen sie kompensiert werden (§ 15 BNatSchG); an Ausnahmen sind hohe Forderungen geknüpft.
Näheres regeln die Ländergesetze. Dabei geht es meistens nicht darum, ob ein Eingriff an sich vermeidbar wäre. Eine Untersagung des Eingriffs im Zuge der Eingriffsregelung ist theoretisch vom Gesetz her abgedeckt, in der Praxis aber nur auf Umwegen (Rechtsmängel, Rechtsbruch) und daher nur implizit möglich. In der Praxis werden solche Hindernisse meistens im Planungsprozess ausgeräumt (die Planung wird modifiziert).
Kompensationsmaßnahmen
Die Kompensation der Beeinträchtigungen lässt sich erreichen:
- durch Ausgleich (Kompensation im räumlich und funktionalem Zusammenhang): Die beeinträchtigte Funktion des Naturhaushaltes wird am selben Ort zeitnah durch eine andere Maßnahme verbessert. Beispiel: Durch die Versiegelung eines Straßenneubaus wird die Grundwasserneubildung verringert. In unmittelbarer Nähe wird eine alte Straße auf derselben Fläche abgebaut. Dieselbe Menge Regenwasser kann versickern, die Beeinträchtigung der Funktion ist ausgeglichen.
- durch Ersatz (Kompensation durch in der Regel nicht-funktionale, aber „gleichwertige“ Maßnahmen im räumlichen Zusammenhang, nur in schwierigen Fällen nicht im räumlichen Zusammenhang.): Natur und Landschaft werden an anderer Stelle (weit entfernt) verbessert oder eine andere Funktion wird in der Nähe aufgewertet. Statt des Rückbaus werden beispielsweise Bäume gepflanzt oder der Rückbau findet woanders statt. Es können aber auch Baumpflanzungen an anderer Stelle stattfinden. Ersatzmaßnahmen sollen mit der einschlägigen Landschaftsplanung übereinstimmen.
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden häufig als Kompensationsmaßnahmen zusammengefasst.
In der Praxis ist das größte Problem bei der Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen häufig, dass entsprechende Grundstücke nicht zur Verfügung stehen. Da der Verursacher des Eingriffs für den Ausgleich zuständig ist, muss auch dieser (und nicht etwa die Behörde) diese Grundstücke bereitstellen. Kann er dies nicht, bieten sog. Flächenpools einen Ausweg (§ 16 BNatSchG Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen). Kompensationsflächen und -maßnahmen können in solchen Pools zusammengefasst werden. Der Oberbegriff „Pools“ wird in der Praxis in verschiedenen Formen umgesetzt:
- Flächen, die für Kompensationsmaßnahmen geeignet sind, können in Katastern zusammengefasst werden. In diesem Fall wird meist die Eignung und Verfügbarkeit der Flächen vorgeprüft, aber es werden noch keine konkreten Schritte zur Umsetzung der Maßnahmen unternommen. Ein räumlicher Zusammenhang der Flächen ist nicht unbedingt erforderlich
- Es können – meist zusammenhängende – Flächen bereits für Kompensationsmaßnahmen gesichert werden, z. B. durch Erwerb. Ziel ist hier oft, komplexe Naturschutzmaßnahmen auf zusammenhängenden Flächen zu ermöglichen
- Wenn auf Poolflächen bereits im Voraus Kompensationsmaßnahmen durchgeführt werden, spricht man von „Flächen- und Maßnahmenbevorratung“.
Pools sind ca. seit der BauGB-Novelle 1998, die eine Diskussion über Flexibilisierung der Eingriffsregelung in Gang setzte, ein im Naturschutz vieldiskutiertes Konzept. Es gibt mittlerweile etliche Praxisbeispiele und Institutionen (z. B. Flächenagenturen), die Pools für die Eingriffsregelung entwickeln.
Ersatzzahlung: In Ausnahmefällen können Eingriffe mit nicht kompensierbaren Beeinträchtigungen durch eine Ersatzzahlung abgegolten werden (§ 15 Abs. 6 BNatSchG). Dies ist nur dann zulässig, wenn eine andere Kompensation nicht möglich ist. Für die Höhe der Ersatzzahlung sind die durchschnittlichen Kosten für die ersparte Kompensationsmaßnahme (mit allen Nebenkosten) zugrunde zu legen.
Aktuelle Ausgleichsprojekte
- Ausgleichsfläche Witthöftsfelde Nordbach
Fläche/Größe: ca. 0,7ha Aktuelle Nutzung Brachwiese: 100% Geplante Aufwertung Feuchtwiesen-Biotop: 95%;Aufforstung von Weidengewächsen am Bachufer: 5% - Ausgleichsfläche Nordbach-Ost
Fläche/Größe: ca. 2,2ha Aktuelle Nutzung Wiese (Drainage), gemäht: 30% Feuchtwiese, gemäht: 60% Biotop: 10% Geplante Aufwertung: Aufforstung Weidenhölzer für Nordbachufer: 10% Drainage entfernen Wiesen bzw. Feuchtwiesen-Biotop: 90%; Nordbach Uferbefestigung - Ausgleichsfläche Schnede 2020
Fläche/Größe: ca. 4,5ha Aktuelle Nutzung Landwirtschaft: 60%Brachwiese: 20%Kiefernwald: 15%Wege: 5% Geplante Aufwertung: Mischwald: 95%Wege: 5%